Seit 4 Jahren gibt es die
Verbandsgemeinde Rheinauen. Gleichwohl stelle ich im Gespräch immer wieder
fest, dass es noch Unklarheiten hinsichtlich der Konstruktion einer
Verbandsgemeinde (VG) und des Verhältnisses der VG zu den Ortsgemeinden (OG)
gibt. Diese zu beseitigen ist das Anliegen meiner nachfolgenden Ausführungen.
Der
Aufbau der Kommunalverwaltung in Rheinland-Pfalz (RLP)
Die Kommunen sind in RLP im
Rahmen der verfassungsrechtlich garantierten „kommunalen Selbstverwaltung“
grundsätzlich für jede öffentliche Aufgabe der örtlichen Gemeinschaft zuständig
(=Selbstverwaltungsangelegenheiten). Desweiteren kann das Land den Kommunen
bestimmte Auftragen zur Ausführung übertragen (=Auftragsangelegenheiten).
Kommune ist ein Oberbegriff. Und zwar für Gemeinden, Verbandsgemeinden und
Landkreise. Gemeinden wiederrum ist ein Oberbegriff für Städte, verbandsfreie Gemeinden
und Ortsgemeinden. Ein Landkreis ist der Rhein-Pfalz-Kreis, eine
Verbandsgemeinde die VG Rheinauen, eine Stadt ist Ludwigshafen. Ludwigshafen
ist eine „kreisfreie Stadt“, da es keinem Landkreis angehört, Schifferstadt ist
eine „kreisangehörige Stadt“, da es zum Rhein-Pfalz-Kreis gehört. Eine
„verbandsfreie“ Gemeinde ist etwa Limburgerhof, da es zu keiner
Verbandsgemeinde gehört. Verbandsangehörige Gemeinden und damit Ortsgemeinden sind
Altrip, Neuhofen, Otterstadt und Waldsee, da sie zur VG Rheinauen gehören.
Die
Fusion zur VG Rheinauen
Im Jahr 2014 kam es zu einer
Verwaltungsreform. Aus der VG Waldsee mit den Ortsgemeinden Otterstadt und
Waldsee sowie den verbandsfreien Gemeinden Altrip und Neuhofen wurde die VG
Rheinauen gegründet. Zuvor hatte das Land RLP aufgrund eines wissenschaftlichen
Gutachtens beschlossen, dass es solche Fusionen in ganz RLP geben soll. Dadurch
sollte die Verwaltung effizienter werden und durch sog. „Synergieeffekte“
Einsparungen erreicht werden. Verbandsfreie Gemeinden sollten in Zukunft
mindestens 10.000 Einwohner haben; daher konnten Altrip und Neuhofen keine
verbandsfreien Gemeinden bleiben. Das Land gab den betroffenen Kommunen eine
bestimmte Übergangszeit, um in einer sog. freiwilligen „Fusionsvereinbarung“ zu
regeln, wie sich die künftige Aufgabenwahrnehmung in der neuen VG darstellt.
Für eine Vereinbarung innerhalb der Frist, wurden vom Land finanzielle
Vergünstigungen an die Ortsgemeinden und die VG gewährt. Altrip, Neuhofen und
die VG Waldsee mit den Ortsgemeinden Otterstadt und Waldsee schlossen daher
eine solche „Fusionsvereinbarung“. Zunächst hieß die neue VG „VG Waldsee“,
benannt nach dem Sitz der Verwaltung der Verbandsgemeinde, später erfolgte
durch Landesgesetz die Umbenennung in „VG Rheinauen“.
Die
Fusionsvereinbarung
In der Fusionsvereinbarung
wurde als Sitz der Verwaltung der VG der Ort Waldsee festgelegt. Eine wichtiger
Punkt war die Einrichtung von Bürgerbüros der VG in den Rathäusern Altrip,
Neuhofen und Otterstadt. Eine besonderer Punkt war, dass Zuständigkeiten und
Trägerschaften für Kindertagesstätten, Grundschulen, Sportstätten, Bauhöfe,
Friedhöfe, Jugendhäuser, Büchereien, Heimatmuseen, Dorfgemeinschaftshäuser,
Vereinshäuser, die bisher in der Trägerschaft und Zuständigkeiten der
verbandsfreien Gemeinden Altrip und Neuhofen und der Ortsgemeinden Otterstadt
und Waldsee waren, (zunächst) bei den Ortsgemeinden) verbleiben; das insoweit
benötigte Personal, wie etwa Erzieher/innen, Jugendpfleger/innen,
Hausmeister/innen Schulsekretär/innen, Büchereibedienstet,
Bauhofmitarbeiter/innen, Reinigungskräfte verblieb bzw. kam ins Arbeitsverhältnis
mit den Ortsgemeinden.
Die
praktischen Auswirkungen der Fusion
Gerade am Anfang gab es
große Bedenken, dass die Gemeinden Altrip und Neuhofen mit der Fusion ihre
Selbstständigkeit aufgeben und in der Zukunft von Waldsee aus alle örtlichen
Angelegenheiten entschieden werden. Das trifft, ganz abgesehen von den laut der
Fusionsvereinbarung sowieso ausdrücklich bei den OG verbleibenden oben
aufgeführten Zuständigkeiten, so nicht zu. Die Ortsgemeinden haben ihre
politische Selbstständigkeit behalten. Zwar haben die Ortsgemeinden keine
eigene „Verwaltung“ mehr, jedoch gilt, dass die Verbandsgemeinde mit ihren
Mitarbeitern die Verwaltungsgeschäfte der Ortsgemeinden in deren Namen und in
deren Auftrag wahrnimmt. Wichtige Entscheidungen, etwa ob in der Ortsgemeinde
ein Baugebiet ausgewiesen werden soll, werden weiterhin im Ortsgemeinderat
entschieden; die VG muss das dann so umsetzen, wie von der OG gewollt. Einige
Aufgaben sind jedoch tatsächlich vollständig auf die VG übergegangen, d.h.,
dass hier keine Zuständigkeit der OG mehr gegeben ist. Das gilt etwa für die
Feuerwehr, das Straßenverkehrswesen, das gesamte Ordnungsrecht, das
Einwohnermelde- und das Standesamt, im Übrigen für alle staatlichen
„Auftragsangelegenheiten“. Aber auch in diesen Bereichen wenden sich unsere
Bürgerinnen und Bürger immer wieder an die Ortsbürgermeister und das ist auch
in Ordnung so: wir arbeiten mit den Ortsbürgermeistern eng zusammen, so dass
ein vertrauensvoller Austausch stattfindet. Zuständigkeiten dürfen sich nie zum
Nachteil des Bürgers auswirken. Nach wie vor gilt auch, dass die
Ortsbürgermeister, die nach der Fusion ehrenamtlich tätig sind, für die
Geschicke ihrer örtlichen Gemeinschaft besonders verantwortlich sind. Jedoch
muss der Verbandsbürgermeister in eigener Verantwortung darauf achten, dass bei
der Wahrnehmung der Verwaltungstätigkeit für die Ortsgemeinden Recht und Gesetz
beachtet werden d.h. die Ortsgemeinde kann zwar beschließen, was sie für
richtig hält, jedoch muss die VG dies nicht umsetzen, wenn sie von der
Rechtswidrigkeit eines solchen Beschlusses ausgeht. Insoweit besteht auch
bereits im Vorfeld von örtlichen Beschlussfassungen eine Beratungspflicht für
die VG. Ziel aller beteiligten Entscheidungsträger war es, die Auswirkungen der
letztendlich staatlich verordneten Fusion, für die Bürgerinnen und Bürger
verträglich zu gestalten, so dass keine Nachteile für sie entstehen, daher etwa
die Einrichtungen der Bürgerbüros vor Ort; so können Sie die meisten Angelegenheiten
in Ihrer Ortsgemeinde regeln, ohne extra ins Rathaus nach Waldsee kommen zu
müssen. Trotzdem höre ich immer wieder, dass alles hätte doch so bleiben
können, wie es war und jetzt alles etwas unübersichtlicher geworden ist. Daher:
wenn Ihnen etwas unklar ist zu den Zuständigkeiten der VG und den Ortsgemeinden,
sprechen Sie uns an, es ist unsere Aufgabe Ihnen zu helfen.
Einige
im Alltag wichtige Zuständigkeiten
Ortsgemeinden: Vergleiche die Ausführungen. zur
Fusionsvereinbarung. Im übrigen z.B. Pflege der örtlichen Grünflächen und des
Friedhofs, Einsatz des örtlichen Bauhofs, Aufstellung von Bebauungsplänen und
Erlass sonstiger ortsbezogener Satzungen. Grundsätzlich gilt, dass alle
Aufgaben, die nicht ausdrücklich durch Gesetz oder Vereinbarung der
Verbandsgemeinde zugewiesen sind, Angelegenheit der Ortsgemeinden sind.
Verbandsgemeinde:
Überwachung des ruhenden Verkehrs, Verkehrsregelnde Maßnahmen, wie Parkverbote
oder Durchfahrtsbeschränkungen, Bauantrag bei genehmigungsfreien Vorhaben, Standesamtliche
Angelegenheiten, Melderecht, Personalausweise, Ruhestörungen, Unterbringung
Asylbewerber, Wasserversorgung, Abwasserbeseitigung, Aufstellung eines
Flächennutzungsplanes, Feuerwehr. Eine detaillierte Auflistung finden Sie im
Internet unter: www.vg-rheinauen.de
Kreisverwaltung:
Abfallbeseitigung, Sozialhilfe, Baugenehmigungen, Einschreiten bei
baurechtlichen Verstößen, Ausländerrecht, Naturschutz und Landespflege,
Tierschutz.
Polizei:
Überwachung des fließenden Verkehrs, vor allem Geschwindigkeitskontrollen. Im
übrigen ist die Polizei im Ordnungsbereich immer dann „ersatzweise“ zuständig,
wenn die originär zuständige Ordnungsbehörde der VG nicht erreichbar ist, so
vor allem in den Nachtstunden, etwa bei Ruhestörungen.
Dr. Wolfgang Kühn
Erster Beigeordneter der Verbandsgemeinde
Rheinauen